Wort der deutschen Bischöfe zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren
30. Apr 2020
Das Dokument erscheint mit Blick auf
den 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, dessen in der kommenden
Woche am 8. Mai 2020 gedacht wird.
In der Pressekonferenz hob der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, hervor,
dass viele Aspekte des umfassenden Themenfelds „Kirche im Nationalsozialismus“
inzwischen gut ausgeleuchtet seien. Anders verhalte es sich bei der Frage, wie
es die katholischen Bischöfe mit dem Krieg gehalten hätten. „Diesbezüglich gibt
es – so sagen viele – eine ‚Erinnerungslücke‘, wohl auch eine
‚Bekenntnislücke‘“, so Bischof Bätzing.
Überall in Europa werde der 8. Mai 1945 seit Jahrzehnten als „Tag des
Glücks und der Freude“ erinnert. Die Deutschen hätten sich hingegen mit diesem
Datum lange schwergetan. Mit wachsendem Abstand vom Geschehen sei aber auch
hierzulande immer tiefer verstanden worden, dass der 8. Mai auch für die
Deutschen „vor allem ein Tag der Befreiung“ war. „Auch wir sind befreit worden:
von den Grauen des Krieges, von Nazi-Unterdrückung und Massenmord.“ Gerade
heute gebe es Grund zur Dankbarkeit für die vielfältigen politischen und
gesellschaftlichen Initiativen, die sich in den Jahrzehnten nach dem Krieg für
die Aussöhnung der Völker, für Frieden und Gerechtigkeit eingesetzt hätten.
Nicht zuletzt Christen und Kirchen in Ost und West hätten hier Beachtliches
geleistet. Dennoch bleibe auch der Kirche „das Lernen aus der Geschichte nicht
erspart“. Dies gelte auch für die Frage nach dem Verhalten der Bischöfe während
des Krieges, mit dem sich ihre Nachfolger kritisch auseinandersetzen müssten.
„Dass uns dies nicht ganz leichtfällt, braucht nicht verschwiegen zu werden“,
so Bischof Bätzing. „Denn wir wissen, dass uns die Rolle des Richters über
unsere Vorgänger nicht gut zu Gesicht steht. Keine Generation ist frei von
zeitbedingten Urteilen und Vorurteilen. Dennoch müssen sich die Nachgeborenen
der Geschichte stellen, um aus ihr zu lernen für Gegenwart und Zukunft.“
Bischof Dr. Heiner Wilmer (Hildesheim), Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, erläuterte, dass sich aus der Vielzahl der „unstrittigen historischen Fakten“ über die Haltung der Bischöfe zum Krieg „ein Bild der Verstrickung“ ergebe. „Bei aller inneren Distanz zum Nationalsozialismus und bisweilen auch offener Gegnerschaft war die katholische Kirche in Deutschland Teil der Kriegsgesellschaft.“ Zwar habe sich die Perspektive vieler Bischöfe im Laufe des Krieges verändert, die Leiden des eigenen Volkes hätten in der Bewertung jedoch im Vordergrund gestanden. „Die Leiden der Anderen kamen nur ungenügend in den Blick.“ Bischof Wilmer zitierte in diesem Zusammenhang den Kernsatz des neuen Dokuments: „Indem die Bischöfe dem Krieg kein eindeutiges ‚Nein‘ entgegenstellten, sondern die meisten von ihnen den Willen zum Durchhalten stärkten, machten sie sich mitschuldig am Krieg."