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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Lieferkettengesetz gerade in Coronakrise notwendig

18. Jan 2021

Menschenrechte müssen gesetzlich verankert werden

Stellen wir uns einen Moment vor, in Deutschland gäbe es keinerlei Zugang zu Sozialversicherungen oder Sozialprogrammen und keinerlei finanzielle Unterstützung für Unternehmen in der Coronakrise. In dieser Lage befinden sich laut einer Studie der IAO vier Milliarden Menschen, also 55 Prozent der Weltbevölkerung. Wenn Corona für die hochentwickelten Industriestaaten Europas eine ernsthafte Bedrohung darstellt, ist es für die Länder des globalen Südens eine existenzielle Katastrophe. Durch die Unterbrechung von Transportwegen auch für Nahrungsmittel nehmen Hunger und Mangelernährung in zahlreichen Ländern wieder massiv zu. Die VN warnten im November 2020 vor Hungersnöten biblischen Ausmaßes infolge der Coronakrise.

Angesichts dieser Lage und der zunehmenden globalen Ungleichgewichte auch in Hinblick auf die Coronahilfen – für die deutschen Unternehmen wurde ein historisch beispielloses Hilfspaket von über 1,2 Billionen Euro geschnürt, während ihre Geschäftspartner*innen im globalen Süden meist auf sich allein gestellt sind – ist es zwingend notwendig, dass deutsche Unternehmen in die Pflicht genommen werden, einen fairen Anteil an den Kosten der Krise zu schultern und wenigstens die Menschenrechte in den Lieferketten zu achten.

Im Koalitionsvertrag von 2018 verpflichtete sich die Bundesregierung, ein Lieferkettengesetz zu verabschieden, welches gesetzliche Sanktionen beinhaltet, wenn sich Unternehmen nicht freiwillig an Menschenrechts- und Umweltstandards halten, wie im Nationalen Aktionsplan(NAP) der Bundesregierung von 2011 vereinbart. Bereits im März 2020 haben Entwicklungsminister Müller und Arbeitsminister Heil Eckpunkte für einen Entwurf vorgelegt, der für alle Unternehmen gilt und verbindliche Haftungsregeln für Unternehmen bei Nichteinhaltung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards mit einschließt. Auf Drängen der Wirtschaftsverbände setzten jedoch Bundeswirtschaftsminister Altmaier und die Bundeskanzlerin Verwässerungen durch. So soll das Gesetz nur für Unternehmen ab 5000 Mitarbeitenden gelten und die Haftungsregeln für die Unternehmen sollen wegfallen.  Damit jedoch würde sich ein solches Gesetz nicht von der jetzt herrschenden Freiwilligkeit unterscheiden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte bereits im Dezember 2019 die Bundesregierung in einem Antrag auf, ein gesetzlich verbindliches Lieferkettengesetz zu verabschieden.

Selbstverständlich ist das Ziel eine umfassende europäische Regelung, wie EU- Justizkommissar Didier Reynders  im April 2020 ankündigte. Deutschland als stärkste Wirtschaftsnation der EU muss hier aber vorangehen und ambitionierte Maßstäbe setzen. Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie vom Januar 2020 kommt zu dem Schluss, dass sich nur 16 Prozent der befragten Unternehmen über ihre direkten Geschäftspartner*innen hinaus mit den menschenrechtlichen und umweltrelevanten Risiken in ihrer Lieferkette überhaupt beschäftigen. Dabei wurden nur Unternehmen befragt, die sich freiwillig an der Untersuchung beteiligten.

Insbesondere die Coronakrise zeigt, wie fragil globale Lieferketten sind. Konzerne wälzen die Verluste, die sie durch Corona erleiden, auf die schwächsten Glieder in den globalen Lieferketten ab. Millionen Menschen in den textilproduzierenden Ländern Asiens z.B. verloren ihre Arbeit, weil deutsche und europäische Textilkonzerne ihre Aufträge in Milliardenhöhe stornierten und die Abnahme von bereits produzierter Ware verweigerten. Allein in Bangladesch wurden seit Beginn der Coronakrise Aufträge im Wert von 3,15 Milliarden US-Dollar storniert. Die pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika hat im Oktober 2020 ein factsheet zum Thema Lieferkettengesetz am Beispiel der Aktivitäten von Thyssenkrupp in Burundi veröffentlicht. Hier zeigt sich ganz klar die Notwendigkeit, dass wir uns auch auf internationaler Ebene für verbindliche Regelungen einsetzen, was aber nur gelingen kann, wenn wir in Deutschland und Europa mit gutem Beispiel vorangehen.

Es muss endlich Schluss sein mit der freiwilligen Selbstverpflichtung, die sich in keiner Weise bewährt hat. Wir brauchen dringend ein effektives Lieferkettengesetz, welches selbstverständlich verbindliche Haftungsregeln einschließt und für alle global agierenden Unternehmen gilt!

Maria Buchwitz

pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika

 

https://ec.europa.eu/germany/news/20200224verantwortungsvolle-lieferketten-studie-untersucht-op

https://www.bundestag.de/presse/hib/675030-675030

https://www.paxchristi.de/artikel/view/5876231459307520/factsheet:%20thyssenkrupp%20-%20Burundi%20-%20Lieferkettengesetz