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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

pax christi und Evangelisierung als Hauptaufgabe der Kirche

19. Jun 2017

Nach den Einsparbeschlüssen des VDD stellte sich die Frage nach den Kriterien für diesen Beschluss. Eine Antwort fand sie gerüchteweise durch den Hinweis auf den Beitrag zur Evangelisierung, den die Einrichtungen leisteten. Heinz-Günther Stobbe gibt einen Anstoß zur Beziehung zwischen pc und der Evangelisierung als Hauptaufgabe der Kirche.

Der Verband Deutscher Diözesen (VDD) hat bekanntlich vor einiger Zeit für eine Reihe von katholischen Institutionen oder Organisationen Kürzungs- und Einsparbeschlüsse beschlossen, die zum Teil eine hitzige Debatte hervorgerufen haben, die sowohl das Verfahren als auch den Inhalt dieser Entscheidungen betreffen. Die häufig aufgeworfene Frage nach den Kriterien, anhand derer sie getroffen worden waren, fand gerüchteweise eine Antwort durch den Hinweis auf den Beitrag zur Evangelisierung, den die verschiedenen Einrichtungen leisteten. Für PAX CHRISTI bietet der Kürzungsbeschluss, gegen den vielfach Einspruch erhoben wurde, eine Gelegenheit, sich noch einmal darauf zu besinnen, welche Beziehung zwischen PC und der Evangelisierung als Hauptaufgabe der Kirche besteht. Die folgenden Bemerkungen wollen dazu einen Anstoß geben.

I.

PC ist nicht nur eine, sondern  d i e  römisch-katholische internationale Friedensbewegung mit einer Reihe nationaler Sektionen. Darin liegen ein hoher Anspruch und eine Selbstverpflichtung. Beides drückt sich nicht zuletzt dadurch aus, dass auf den unterschiedlichen Ebenen von PC  bischöfliche Präsidenten oder Priester als Geistliche Beiräte den kirchlichen Charakter von PC dokumentieren. Wie aber lässt sich die Beziehung zwischen Kirche und kirchlicher Friedensbewegung über diese strukturelle Verbindung hinaus inhaltlich verstehen? Verschiedene Zugänge wären denkbar, doch legt es das Selbstverständnis von PC als Friedensbewegung nahe, zu diesem Zweck einen Blick auf die Ergebnisse eines Dialogs zwischen Vertretern und Vertreterinnen der römisch-katholischen Kirche und der mennonitischen Gemeinden in Deutschland zu werfen, denn die Mennoniten sind eine der wichtigsten so genannten historischen Friedenskirchen. Die Dialoggruppe musste sich deshalb grundlegend zu der Bedeutung äußern, die das Friedensengagement für das Selbstverständnis ihrer jeweiligen Herkunftsgemeinschaft hat. 

Wie bei solchen ökumenischen Gesprächen üblich, konzentriert sich die Aufmerksamkeit stärker auf die Gemeinsamkeiten, ohne die Unterschiede völlig auszublenden. In diesem Sinne wird als eine der fundamentalen Übereinstimmungen hinsichtlich des Verhältnisses von Frieden und Ekklesiologie folgendes festgestellt: Die Kirche ist berufen, eine Friedenskirche zu sein, eine Frieden stiftende Kirche zu sein. Davon sind wir gemeinsam überzeugt. Wir halten dafür, dass die durch Christus gegründete Kirche dazu berufen ist, ein lebendiges Zeichen und ein wirksames Werkzeug des Friedens zu sein, das jede Form von Feindschaft überwindet und alle Völker im Frieden versöhnt (Epheser 1-3). (Nr. 175) Das richtet sich gegen jede Tendenz, das Friedenszeugnis der Kirche gegenüber ihrer `eigentlichen´ Sendung zu marginalisieren.  Unmissverständlich heißt es dazu: Das christliche Friedenszeugnis gehört wesentlich zu unserem Wandel in der Nachfolge Christi und zum Leben der Kirche als Hausgenossen Gottes und Wohnung Gottes im Heiligen Geist. (Epheser 2, 19-22) (Nr. 180) Es kann daher keinen Gegensatz zwischen einer historischen `Friedenskirche` wie der mennonitischen Gemeinschaft und einer anderen christlichen Kirche geben: Eine Friedenskirche ist eine Kirche, die berufen ist, für das Evangelium vom Frieden, das in Jesus Christus seinen Grund hat, Zeugnis abzulegen. Die Friedenskirche stellt diese Überzeugung in die Mitte ihres Glaubens und Lebens, ihrer Lehre, ihres Gottesdienstes, ihres Amtes und ihres Tuns; sie nennt Jesus ihren Herrn und folgt ihm auf seinem Weg der Wehrlosigkeit und Gewaltfreiheit. Eine Friedenskirche ist nichts anderes als die Kirche, der Leib Christi. Jede Kirche ist berufen, eine Friedenskirche zu sein. (Nr. 164)

Die römisch-katholischen Mitglieder der Dialoggruppe haben dieses gemeinsame Grundverständnis aus katholischer Sicht näher erläutert. Sie gehen mit dem Vatikanum II aus von der sozialen Vision der Kirche als Sakrament der Vereinigung von Gott und Mensch und von daher begreifen sie die Förderung der Einheit und entsprechend des Friedens als zum innersten Wesen der Kirche gehörend. (Nr. 146) Die daraus für alle Christen folgende Aufgabe ordnen sie ihrer gemeinsamen „Berufung zur Heiligkeit“ zu, innerhalb derer die Haltung der Gewaltfreiheit sowohl als eine christliche als auch eine menschliche Tugend zum Tragen kommt. Sie sollte daher sowohl in der staatlichen Politik und durch staatliche Institutionen als auch im persönlichen und kirchlichen Handeln verwirklicht werden. (Nr. 152)   

II.

Sind diese Überlegungen repräsentativ für römisch-katholisches Denken? Stimmen sie mit der offiziellen Lehre der römisch-katholischen Kirche überein?

Es empfiehlt sich bei der Beantwortung dieser Fragen anzusetzen bei dem wichtigsten lehramtlichen Text zum Thema der Evangelisierung, dem „Apostolischen Schreiben über die Evangelisierung in der Welt von heute“ („Evangeli Nuntiandi“) aus dem Jahr 1975.  Papst Paul VI., der Autor, legt größten Nachdruck auf die Ganzheitlichkeit und deswegen Vielgestaltigkeit der Evangelisierung, denn die Frohbotschaft vom Reich Gottes, das kommt und angefangen hat, (gilt) für alle Menschen aller Zeiten. Jene, die sie empfangen haben, jene, die sie zu einer Gemeinschaft des Heils versammeln, können und müssen sie mitteilen und ausbreiten. (Nr. 13) Das bedeutet: Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und die eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. (Nr. 14) Unbeschadet der Vielschichtigkeit der evangelisierenden Tätigkeit und der Unterschiedlichkeit der Dienste, die sie tragen, bleibt ihre Hauptform das lebendige Zeugnis (vgl. Nr. 17). Das Zeugnis der Tat ohne Worte bedarf dabei immer der Ergänzung: Doch ist dieses Zeugnis niemals ausreichend, denn auch das schönste Zeugnis erweist sich auf Dauer als unwirksam, wenn es nicht erklärt, begründet – das, was Petrus `Rechenschaft geben über seine Hoffnung´ - und durch eine klare eindeutige Verkündigung des Herrn Jesus Christus entfaltet wird. (Nr. 22) Dem trägt PAX CHRISTI klar und eindeutig Rechnung durch den Namen der Bewegung, der nicht nur allgemein auf das Engagement für den Frieden verweist, sondern auf den Frieden Christi als dem tragenden Grund dieses Engagements. Und die Einbindung der Arbeit von PAX CHRISTI in die Verkündigung der Gesamtkirche, die der Papst für alle kirchlichen Dienste und Berufungen fordert (vgl. Nr. 66 ff.), wird eben dokumentiert durch die bischöflichen Präsidenten und geistlichen Beiräte, die in und für PC tätig sind.

 III.

Die römische Bischofssynode hat sich 1971 mit dem kirchlichen Zeugnis besonders mit Blick auf die Gerechtigkeit beschäftigt und ein Dokument mit dem Titel „De justitia in mundo“ (Über die Gerechtigkeit in der Welt) veröffentlicht. Unter den Christen, die sich auf verschiedene Weise in Politik und Gesellschaft für mehr Gerechtigkeit einsetzen, erwähnt die Synode auch jene, die wie PC „den Weg der Gewaltlosigkeit und der öffentlichen Meinungsbildung“ bevorzugen. (Nr. 40) Diesen Hinweis hat Papst Johannes Paul II. in seinem Lehrschreiben „über die Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt“ (Christfideles Laici) von Ende 1988 aufgenommen und weiter ausgeführt. Er stellt sie in den Rahmen einer Politik, die sich der Solidarität als „Stil und Mittel“ verpflichtet weiß: Die politische Solidarität will heute in einer Spannweite, die über die einzelne Nation oder den einzelnen Block von Nationen hinausgeht und sich als kontinental oder universal darstellt, verwirklicht werden.

Die von allen erwünschte, aber noch nicht ausgereifte Frucht der solidarischen politischen Tätigkeit ist der Friede. Angesichts aller Phänomene, die den Frieden verneinen oder bedrohen, können die Laien nicht indifferent, distanziert oder unberührt bleiben: Gewalt und Krieg, Folter und Terrorismus, Konzentrationslager, Militarisierung der Politik, Rüstung, Bedrohung durch Nuklearwaffen. Als Jünger Jesu, der der „Friedensfürst“ (Jes 9, 5) und „unser Friede“ (Eph 2, 14) ist, müssen die Laien durch die Bekehrung des „Herzens“, wie durch ein Engagement zugunsten der Wahrheit, der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Liebe, die unverzichtbare Fundamente des Friedens, „Frieden stiften“ (Mt 5, 8).

Die Laien müssen mit allen, die in Wahrheit den Frieden suchen, zusammenarbeiten und die spezifischen nationalen und internationalen Organisationen benutzen, um von der Basis her einen Bewusstseinsbildung auszulösen, der die herrschende Kultur des Egoismus, des Hasses und der Rache und der Feindschaft überwindet und auf allen Ebenen die Solidarität fördert. (Nr. 42)

 IV.

Damit hat der Papst, gewollt oder ungewollt, recht genau das Selbstverständnis von PC und die Schwerpunkte ihres Einsatzes beschrieben, wenn man den Aspekt der Gewaltfreiheit noch ausdrücklich nennt. Es sollte also keinen Zweifel daran geben, dass PC der Aufgabe der Evangelisierung dient und entsprechend durch kirchliche Mittel finanziell unterstützt werden sollte. Besonders der vom Papst zuletzt angesprochene Aspekt der Kooperation mit „nationalen und internationalen Organisationen“ ist ohne ein Büro mit ausreichender finanzieller und personeller Ausstattung heute und in Zukunft nicht zu leisten. Auf der Diözesanebene reichen dazu meist Spenden der Mitglieder aus, nicht aber, um auch die Infrastruktur auf der nationalen Ebene abzusichern. Der VDD ist das gegebene Organ, um die notwendige Unterstützung zu gewährleisten. Mit Rücksicht auf die hier nur durch wenige Beispiele illustrierte kirchliche Lehrtradition wäre eine Kürzung oder gar Streichung nicht zu rechtfertigen und in Anbetracht der Bedeutung von PC als kirchliche Basisbewegung im Kontext von gesellschaftlicher und ökumenischer Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland schlicht unverständlich.

Heinz-Günther Stobbe